Es ist nicht allzu lange her, als wir mal wieder erleben mussten, wie ein Fehler des Sicherers zu einem Bodensturz des Kletterers führte. Und das vom 7. Haken. Für uns ist es immer wieder ein Wunder, dass solche Unfälle so selten passieren. Denn gravierende Fehler beobachten wir sehr häufig. Nicht nur bei Anfängern. Auch bei Fortgeschrittenen und ambitionierten Kletterern.

Wenn wir Fehler beobachten, machen wir immer wieder den Mund auf. Manche Leute sind uns sehr dankbar dafür. Sie haben einfach die Gefahren unterschätzt und freuen sich über unsere gut gemeinten Ratschläge. Bei vielen machen wir uns aber auch unbeliebt damit. Sie denken, dass sie schon alles wissen und wollen nichts über ihre Fehler hören. Uns bleibt nichts anderes als zu hoffen, dass sie nicht irgendwann selbst zu den Unfallopfern gehören, die der DAV jährlich in seiner Unfallstatistik-Klettern DAV veröffentlicht.

Wenn man alles richtig macht, ist Klettern ein sehr sicherer Sport. Wenn… Wir haben sie für euch die 7 häufigsten Fehler zusammengefasst, die wir in den Kletterhallen am häufigsten beobachten.

#1: Das Bremshandprinzip wird verletzt

Es gehört definitiv zu den schlimmsten Fehlern beim Sichern: Der Sicherer löst die Bremshand vom Seil. Und dennoch beobachten wir ihn immer wieder. Vor allem beim Seil ausgeben passiert es vielen Sichernden, dass sie ihre Hand öffnen und das Seil nicht mehr richtig umschließen. Wer bei uns Kletterkurs macht, lernt es so: Beim Seil ausgeben schiebt der Sichernde das Seil aus dem Sicherungsgerät raus, ohne das Gerät anzufassen. Mit etwas Übung funktioniert das bei allen Sicherungsgeräten. Und das entspricht auch der aktuellen Lehrmeinung. Und nun der Fehler, den wir eigentlich immer gar nicht glauben können, wenn wir ihn sehen: Sichernde, die ihre Bremshand GAR NICHT am Bremsseil haben. Wenn wir sie darauf ansprechen, sagen sie, dass sie mit einem Vollautomaten sichern. In Wahrheit gibt es natürlich keinen Vollautomaten. Das Bremshandprinzip gilt immer. Bei JEDEM Sicherungsgerät.

#2: Der Kletterer hängt das Seil mit ausgestrecktem Arm über dem Kopf ein

Diesem Fehler beobachten wir selbst augenscheinlich sehr erfahrenen Kletterern. Die meisten Kletterer fühlen sich automatisch sicherer, sobald sie den nächsten Haken geclippt haben. Dabei unterschätzen sie jedoch eine Gefahr, die sich dabei logischerweise ergibt. Um mit ausgestrecktem Arm über dem Kopf clippen zu können, muss der Kletterer viel Seil rausziehen. Nur so erreicht er überhaupt den Haken. Stürzt der Kletterer jedoch, bevor er clippen konnte, verlängert das ausgeholte Seil die Sturzlänge erheblich. Vor allem bei den unteren 6 Haken ist die Gefahr eines Bodensturzes groß. In unseren Kursen veranschaulichen wir diese Gefahr so: Wir lassen unsere Kursteilnehmer mit einem zusätzlichem Topropeseil als Sicherung das beschriebene Szenario mit einem Vorstiegsseil ausprobieren. Die meisten glauben uns erst dann, wie weit sie stürzen würden.

#3: Der Sichernde ist unaufmerksam

Es sollte ja eigentlich so selbstverständlich sein, dass der Sichernde mit voller Aufmerksamkeit bei seinem Kletterpartner ist. Doch die Realität: Sichernde lassen sich von anderen Leuten um sie herum in Gespräche verwickeln und ablenken oder schauen einfach in der Halle rum. Oft ist der Kletterer schon am dritten Haken angekommen, während sein Sicherer noch in Ruhe Seil oder Seilsack sortiert und mit der Aufmerksamkeit nicht bei seinem Kletterpartner ist. Oder die schlimmste Beobachtung: Sie schauen während des Sicherns auf ihr Handy.

#4: Der Sichernde steht in falscher Position zum Wandfuß

Wer im Vorstieg sichert, sollte bis zum vierten Haken ganz nah zum Wandfuß stehen, entweder rechts oder links versetzt unter dem Kletterer, je nachdem in welcher Richtung er vom Haken aus klettert. Ab dem vierten Haken etwa wechselt er die Position und steht etwa eine ausgestreckte Beinlänge vom Wandfuß entfernt, direkt unter der Hakenlinie. Stürzt sein Kletterpartner, kann er schnell reagieren, nach oben springen und ihn dynamisch sichern. Leider beobachten wir aber immer wieder, dass der Sichernde meterweit von der Wand weg steht. Die Folge: Bei einem Sturz wird er Richtung Wand gezogen, verliert im schlimmsten Fall die Balance und lässt das Bremsseil los. Doch nicht nur das. Jeder Meter, den der Sichernde von der Wand weg steht, bedeutet zusätzlich ausgegebenes Seil. Insbesondere bei den unteren Haken kann die unnötige Menge Schlappseil eine große Gefahr darstellen. Denn der Kletterer könnte bis zum Boden stürken oder mit dem Sichernden zusammenprallen.

#5: Kletterer und Sicherer beachten den Gewichtsunterschied nicht

„Wir klettern nicht so, dass wir stürzen“ – wie oft haben wir das schon gehört, wenn wir Seilschaften auf ihren zu großen Gewichtsunterschied aufmerksam machen. Natürlich gibt es Kletterer, die in jeder Situation versuchen, Stürze zu vermeiden. Doch manchmal kommt es vor, dass Griffe oder Tritte locker sind oder der Kletterer einfach versehentlich abrutscht. Ob er also will oder nicht, er stürzt. Vor allem die leichteren Sichernden unterschätzen oft die Gefahr für sich selbst. Denn ein zu großer Gewichtsunterschied ist keineswegs nur gefährlich für den Kletterer. Auch der Sichernde kann sich verletzen. Entweder, weil er mit dem Kletterer zusammenprallt, er ungebremst gegen die Wand knallt oder weil er sich mit der Hand an der ersten geclippten Exe verletzt. Worst case: Der Sichernde lässt aus Reflex das Bremsseil los, um sich vor dem Aufprall an der Wand zu schützen. Deshalb: Selbst wenn ihr der Meinung seid, ihr stürzt nicht. Nutzt ein Hilfsmittel (z.B. Ohm oder Sandsack), um Unfälle zu vermeiden und auf der sicheren Seite zu sein.

#6: Der Sichernde sichert zu straff

In Bodennähe muss der Sichernde straff sichern. Wenig Schlappseil lautet hier die Devise. Hier geht es darum, einen Bodensturz des Kletterers oder einen Zusammenprall von Kletterer und Sichernden zu vermeiden. Nach dem fünften Haken sieht es anders aus: Sobald die Gefahr eines Bodensturzes ausgeschlossen ist, sollte der Sichernde seinen Partner so dynamisch wie möglich sichern. Wird der Kletterer zu straff gesichert, fliegt er mit großer Wucht gegen die Wand und die Verletzungsgefahr für die Füße und Beine ist sehr groß.

#7: Der Sicherernde setzt die Sicherungsbrille zu früh auf

Viele Sichernde tragen die Sicherungsbrille ab dem ersten Haken. Was sie offensichtlich nicht wissen: Das verzerrt die Wahrnehmung der Abstände. Der Abstand des Kletterers zum Boden wird als größer wahrgenommen, als er eigentlich ist. Die richtige Menge an Schlappseil ist so schwer einzuschätzen. Die Sicherungsbrille sollte frühestens ab dem vierten Haken aufgesetzt werden. Wir empfehlen, die Brille zunächst auf die Nasenspitze zu setzen und dann ab dem vierten Haken mit der Hand, die nicht Bremshand ist, hochzuschieben. So läuft der Sichernde nicht Gefahr, dabei aus Versehen das Bremsseil loszulassen. Außerdem sollte der Sichernde darauf achten, dass er nicht die ganze Zeit durch die Brille schaut. Es ist wichtig, zwischendurch auch mal unten durch zu schauen und beispielsweise mit einem Blick die ausgegebene Menge an SChlappseil zu kontrollieren.

Wir bitten euch sehr: Passt auf euch auf und setzt euch intensiv mit allen sicherheitsrelevanten Aspekten beim Klettern und Sichern auseinander. Am besten übt ihr das Sichern mit einem professionellen Trainer. Und sucht euch sorgfältig eure Kletterpartner aus. Denn das Klettern soll vor allem Spaß machen und euch nicht in Gefahr bringen!