Das Jahr ist noch jung – habt ihr euch zum neuen Jahr neue Kletterziele gesteckt? Das Projektieren von Routen macht das Klettern so richtig spannend. Schwere und neue Routen zu projektieren macht Dich besser beim Klettern. Du wirst davon stärker, verbesserst Deine Technik, Dein taktisches Denken, lernst, Dich besser auf Problemstellen zu konzentrieren und verbesserst Deine Psyche.
Oft werden wir von ehemaligen Kursteilnehmern gefragt: Wie schaffe ich eigentlich eine Route, die über meinem Kletterniveau liegt. Die Antwort: Du musst wissen, wie Du sie richtig projektierst. Und dann musst Du sie klettern.
Wir erklären Dir die wichtigsten Schritte beim Projektieren einer Route:
Schritt #1: Die richtige Route auswählen
Ein gutes Projekt beginnt ganz banal mit der für Dich richtigen Route. Doch was ist die richtige Route für ein Projekt? Dafür solltest Du Dein Kletterniveau kennen und Dir eine Route aussuchen, die darüber liegt. Dein Kletterniveau ist der Schwierigkeitsgrad, den Du schaffst, rotpunkt zu klettern. Das bedeutet: Du kannst die Route von unten bis oben durchsteigen ohne Pause oder Sturz (nicht unbedingt beim ersten Mal, aber nach ein paar Versuchen). Wie weit die Route für Dein Projekt oberhalb Deines Kletterniveaus liegt, kannst Du selbst bestimmen. Fühlst Du Dich stark, kannst Du durchaus eine Route projektieren, die 1 bis 1,5 Grad schwerer ist als Dein Niveau. Ein Beispiel: Du kletterst in der Halle 7+ rotpunkt. Dann kannst Du Dir ein Projekt um die 8 suchen. Die Route sollte vor allem sympathisch auf Dich wirken. Und das wichtigste: Du solltest einfach Lust haben, sie zu klettern. Projekte sollen Dich motivieren und nicht frustrieren. Ein gutes Projekt ist eine Route, in der Du 3-4 Stellen hast, an denen Du Pause machen musst. Vielleicht gibt es auch eine Stelle, für die Du anfangs gar keine Lösung findest. Fixiere Dich bei der Suche nach der passenden Route nicht zu auf den Schwierigkeitsgrad – Jede Route ist besonders. Und es macht einen großen Unterschied, ob die Route in der Halle ist oder am Fels.
Schritt #2: Der erste Versuch in der Route
Du hast eine passende Route gefunden und startest den ersten Versuch. Bevor Du in die Route einsteigst, solltest Du sie Dir von unten ansehen. Wo vermutest Du Schlüsselstellen und schwierige Züge? Wo könnte ein Tritt oder Griff versteckt sein, den Du Dir merken solltest. Wo sind Stellen, an denen Du vielleicht schwer clippen kannst? Versuche Dir so viel wie möglich zu merken, nimm ein paar tiefe Atemzüge und steige dann konzentriert in die Route ein. Doch sei nicht zu verbissen. Steig ohne Erwartungshaltung in die Route ein, denn zunächst schaust Du sie Dir einfach an. Du kletterst so weit, wie Du kommst. Für Dich schwere Stellen probierst Du aus. Aber mach Dich nicht total platt bei den Versuchen. Um Kraft zu sparen, kannst Du in der Halle schwere Schlüsselstellen mit Hilfe einer einfacheren Route vorclippen. Dann stürzt Du nicht jedes Mal so weit und Dir bleibt mehr Kraft für weitere Versuche. Probiere die Stellen auf unterschiedliche Art und Weise. So findest Du den für Dich besten Weg. Und merke Dir: Beim Projektieren geht es am Anfang vor allem um die kleinen Erfolge. Jede entdeckte Lösung für einzelne Stellen ist ein Fortschritt. Jetzt heißt es: dran bleiben!
Schritt #3: Die optimale Lösung für Schlüsselstellen
Nach einer Pause steigst Du zum zweiten Mal in die Route ein. Denke nicht zu verbissen an die schweren Schlüsselstellen weiter oben in der Route. Sonst kletterst Du verkrampft und wirst es vielleicht gar nicht bis dort hin schaffen. Wenn Du an die Schlüsselstellen kommst, wirst Du merken, ob Du schon den richtigen Weg gefunden hast. Vielleicht stellst Du auch fest, dass Du die Stelle noch immer nicht schaffst, wenn Du dort ohne vorherige Pause im Seil ankommst. Nun gilt es, die optimale Lösung für die Schlüsselstellen zu suchen. Das ist die Lösung, die für Dich möglich ist, auch wenn Du die Route durchkletterst und davor vielleicht keine längere Pause hast. Du kannst die einzelnen Schlüsselstellen 3-4 Mal versuchen. Dann hast Du noch genug Kraft und Konzentration. Auch nachdem Du die Route geklettert hast, kannst Du beim Ablassen nochmal an den entscheidenden Stellen halten und sie noch einmal versuchen. Sofern Du noch genug Kraft dafür hast.
Schritt #4: Mit Pausen und kraftsparenden Zügen die Route optimieren
Vielleicht schaffst Du es nun schon, die Route durchzuklettern. Vielleicht bist Du aber jetzt auch an dem Punkt, dass Du jede einzelne Stelle gut schaffst, aber Dir die Kraft oder Ausdauer fehlt, die Route von unten bis oben durchzusteigen. Wenn das der Fall ist, kannst Du versuchen, die gesamte Route weiter zu optimieren – auch die Stellen, die Du von Anfang an klettern konntest. Suche überall die kraftsparendsten Lösungen. Nur ein Beispiel: Jede kleine Winkeländerung Deiner Fußposition auf dem Tritt kann Dir schon helfen, Kraft zu sparen. Außerdem solltest Du alle Pausenstellen entdecken und Möglichkeiten finden, zwischendurch zu rasten. Nimm dort ein paar ganz tiefe Atemzüge, die Dir neue Kraft schenken. An der gesamten Route entlang gibt es Optimierungspotenzial. Je mehr davon Du findest, desto schneller wird es Dir gelingen, die Route durchzusteigen. Wichtig ist jedoch, dass Du die Route nicht zu oft und nicht zu verkrampft probierst. Wir empfehlen 3-4 Versuche an einem Tag. Falls es dann noch nicht klappt, solltest Du Dir ein wenig Zeit geben und es an einem anderen Tag noch einmal versuchen.
Schritt #5: Die Route Durchsteigen ?
Du hast alle Schlüsselstellen gelöst? Genug Möglichkeiten für Pausen in der Route identifiziert? Sehr gut. Dann achte beim Einsteigen in die Route auf folgenden Tipp: Dein Ziel ist immer der nächste Griff, der nächste Zug, die nächste gute Position für eine Pause. Sei in Gedanken genau dort, wo Du gerade bist, nirgendwo ansders in der Route. Konzentriere Dich genau auf die Stelle, die Du gerade kletterst! So hast Du gute Chancen, Dein Projekt erfolgreich abzuschließen!
Das Wichtigste an Projekten: Verliere nicht den Spaß dabei. Bleib motiviert und lass Dich nicht frustrieren. Es wird Tage geben, an Denen Du ein schlechteres Gefühl in der Route hast. Du kannst manche Griffe nicht mehr halten, machst Fehler, kannst nicht clippen oder Dein Fuß rutscht ab. Dennoch: bleib dran! Irgendwann wird die Zeit ganz unerwartet kommen. Dann steigst Du in die Route ein, kletterst sie bis ganz oben und schaffst sie!
Danke für diesen Artikel! In Ergänzung haben wir von climbe eine ganz konkrete Trainingsmethode vorgestellt, mit der sich die Effizienz beim Klettern verbessern lässt. Kann beim Projektieren helfen und ist vielleicht auch für Eure Leser eine spannende Ergänzung: https://www.climbe.de/effizient-klettern/ Bis bald beim Training 🙂